«Pionier für seine Zeit, relevant für unsere», so hat Regierungspräsidentin Beatrice Simon Albert Gobat (1843–1914) bei der Eröffnung des ihm gewidmeten Kunstwerks im Berner Rathaus beschrieben. An der Feier nahmen Personen aus Politik, Verbänden und Kultur des Kantons Bern sowie einige Nachkommen des Mannes teil, der 30 Jahre lang Berner Regierungsrat, Ständerat und Nationalrat war und 1902 zusammen mit Élie Ducommun den Friedensnobelpreis erhielt. Grossratspräsident Hervé Gullotti zeigte sich stolz über den Erfolg eines Projekts, das von vier Ratsmitgliedern, darunter drei Mitgliedern der Deputation, initiiert wurde. Laurent Goetschel, Direktor der Schweizerischen Friedensstiftung Swisspeace, stellte die Fondation Gobat pour la Paix (Stiftung Gobat für den Frieden) vor, bei der er Mitglied des Stiftungsrates ist.
Den Anstoss zu diesem Kunstwerk gab 2018 der Grosse Rat. Er wollte, dass der Kanton Albert Gobat ehrt «als Zeichen dafür, dass sich Menschen überall auf der Welt für Frieden und Menschlichkeit einsetzen können». Er forderte die Kantonsregierung auf, im Rathaus ein entsprechendes Kunstwerk zu installieren.
Reflexion über Frieden und friedensstiftende Prozesse
Die Künstlerin Esther van der Bie hat den von der Staatskanzlei und vom Amt für Kultur ausgeschriebenen Kunst-am-Bau-Wettbewerb gewonnen. Ihr 100 cm x 554 cm grosses Auftragswerk mit dem Titel «Der Friedensprozess: Charles-Albert Gobat» überragt die Treppe, die von der Rathaushalle zum Grossratssaal führt. Dieses ausdrucksstarke, aussagekräftige und filigrane Werk ist das Ergebnis der Reflexion der Künstlerin über Frieden und friedensstiftende Prozesse. Es spiegelt die vielen Facetten der Persönlichkeit Albert Gobats wider. Die Komplexität seiner Arbeit als Politiker wird auf zeitgemässe Weise beleuchtet.
Die Gäste haben zur Erinnerung eine Sondernummer des Geschichtsmagazins Passé simple, die Albert Gobat und Élie Ducommun gewidmet ist, erhalten. Sie findet sich auf der Website des Rathauses.
Das Rathaus ist während der Sessionen des Grossen Rates, der Sitzungen des Berner Stadtrats, der Museumsnacht oder auf Anfrage für Führungen für die Öffentlichkeit zugänglich.
Albert Gobat (1843–1914)
Der in Tramelan geborene Charles-Albert Gobat (der sich später nur noch Albert Gobat nannte) startete seine politische Karriere 1882 als freisinniger Berner Grossrat. Von 1882 bis 1912 war er Regierungsrat, zuerst 24 Jahre lang Vorsteher der Erziehungsdirektion, dann ab 1906 für sechs Jahre Vorsteher der Direktion des Inneren. Auf eidgenössischer Ebene politisierte er 1884–1890 im Ständerat und von 1890 bis zu seinem Tod 1914, kurz vor Ausbruch des 1. Weltkriegs, im Nationalrat.
Albert Gobat, der 1902 zusammen mit dem Genfer Élie Ducommun mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, war Gründungsmitglied und erster Generalsekretär der Interparlamentarischen Union für den Frieden – einer internationalen Vereinigung von Parlamenten, mit dem Ziel, den Frieden zu sichern, die Menschenrechte zu wahren und das Demokratieverständnis in allen Teilen der Welt zu fördern. Während Jahrzehnten setzte Gobat mit Hilfe seiner Tochter Marguerite einen grossen Teil seiner Energie für den Pazifismus ein und kämpfte namentlich für die Schiedsgerichtsidee und die Abrüstung. 1904, anlässlich eines Empfangs im Weissen Haus, legte er Präsident Theodore Roosevelt seine Thesen vor. Besonders am Herzen lag ihm die Versöhnung zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich, wie seine letztlich erfolglosen Bemühungen um die Lösung der Elsass-Lothringen-Frage zeigten.
Nach dem Tod von Élie Ducommun 1906 übernahm Albert Gobat in Bern, dem damaligen Zentrum der internationalen Friedensbewegung, die Leitung des Internationalen Ständigen Friedensbüros, das 1910 ebenfalls den Friedensnobelpreis erhielt.