Digitale Signatur
Die kantonalen Behörden setzen die digitale Signatur seit November 2023 ein:
Die Gemeinden können diese Lösung nicht brauchen, da der Kanton die BE-Signatur nicht als Basisdienst anbietet. Wieso nicht?
- Die Gemeinden sind nicht an die kantonale Benutzerverwaltung angebunden.
- Signierende von Gemeinden können nicht sicher identifiziert werden.
Es gibt drei verschiedene Standards für digitale Signaturen:
- Einfache elektronische Signatur (EES)
- Fortgeschrittene elektronische Signatur (FES)
- Qualifizierte elektronische Signatur (QES)
Auf der Website von SwissID, einem Service für digitale Signaturen der Post, sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Standards beschrieben:
Für die Behörden im Kanton Bern hat der Kanton in technischen Standards festgelegt, welche Signaturen für die Zwecke des kantonalen Verwaltungsrechts verwendet werden sollten:
- qualifizierte elektronische Signatur gemäss dem Bundesgesetz über die elektronische Signatur ZertES
- geregeltes elektronisches Siegel gemäss dem Bundesgesetz über die elektronische Signatur ZertES
- europäische Äquivalente für Dokumente aus dem EU-Ausland
www.be.ch/ict-standards, Standard APP-019
Das gilt aber nicht für Dokumente, die einer Gesetzgebung unterstehen. Dort gibt es einen engeren Unterschriftenbegriff. Dazu gehören:
- Eingaben, Verfügungen oder Entscheide gemäss dem Verwaltungsrechtspflegegesetz (VRPG)
Nach der verwaltungsgerichtlichen Praxis ist eine «Unterschrift» im Sinne des VRPG nur eine originale Handunterschrift. Erst mit der geplanten Revision des VRPG ist diesbezüglich eine Änderung zu erwarten. - Urkunden nach Bundesrecht:
- privatrechtliche Verträge
- öffentliche (notarielle) Urkunden
- Arztrezepte, etc.
Diesbezüglich sind die bundesrechtlichen Bestimmungen zu beachten, welche typischerweise nur die qualifizierte elektronische Signatur und die Handunterschrift zulassen (vgl. etwa Obligationenrecht, Artikel 14, Abschnitt 2 bis für schriftformgebundene Verträge).
Bundesgesetz vom 18. März 2016 über die elektronische Signatur (ZertES, SR 943.03)
Obligationenrecht vom 30. März 1911 (OR, SR 220), Artikel 14, Abschnitt 2
Gesetz vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG; BSG 155.21)
Massgeblich ist Art. 2 Abs. 1 DVV:
«1 Im Verkehr innerhalb von und zwischen Behörden sowie in Personalangelegenheiten sind digitale Dokumente und Informationen rechtlich massgeblich, wenn
a sie gemäss den Standards (Art. 8) in einer Weise erstellt und gespeichert werden, die ihre Echtheit sicherstellt, oder
b aus anderen Gründen keine ernsthaften Zweifel an ihrer Echtheit bestehen.»
Gemäss den in dieser Bestimmung referenzierten kantonalen ICT-Standards (www.be.ch/ict-standards) gilt (Eintrag APP-019):
«Die folgenden digitalen Signaturen sind zulässige Methoden, um die Echtheit von Dokumenten der Behörden und von Dritten sicherzustellen (...):
- Qualifizierte elektronische Signatur [QES] gemäss Art. 2 Bst. e des Bundesgesetzes über die elektronische Signatur (ZertES, SR 943.03)
- Geregeltes elektronisches Siegel gemäss Art. 2 Bst. d ZertES
- Qualifizierte elektronische Signatur und Siegel gemäss dem europäischen Standard eIDAS (...)»
Das heisst für die Gemeinden:
Will man die Rechtsverbindlichkeit der erwähnten Verwaltungsdokumente (wie Beschlüsse von Gemeindeorganen) sicherstellen bzw. im Streitfall beweisen können, soll dazu eine der in den Standards vorgesehenen Signaturmethoden eingesetzt werden.
Allerdings ist dies, wie Art. 2 Abs. 1 Bst. b DVV verdeutlicht, nicht zwingend: Es können auch andere Methoden angewendet werden, aufgrund derer keine ernsthaften Zweifel an der Echtheit der digitalen Dokumente bestehen (können). Ob das auf eine einfache oder fortgeschrittene elektronische Signatur (EES/FES) zutrifft, hängt von vielen Aspekten ab, wie der technischen Ausgestaltung und Handhabung solcher Signaturen oder der Umstände der Erstellung und Ablage der Dokumente. Dies kann daher hier nicht in allgemeiner Weise beurteilt werden. Wer auf Nummer Sicher gehen will, wählt daher die qualifizierte elektronische Signatur (QES) oder ein geregeltes elektronisches Siegel. Diese Methoden wendet auch der Kanton für seinen Signaturservice an (www.be.ch/signatur).
Aktuell gibt es noch keine kantonale Vorschrift, die den Einsatz von digitalen Signaturen durch Gemeinden vorschreibt.
Im Rahmen der Revision des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRPG) sollen jedoch gesetzliche Grundlagen für den digitalen Rechtsverkehr für alle Behörden geschaffen werden.
"Das Projekt fordert sämtliche Behörden und Private, die das Verwaltungsrechtspflegegesetz anwenden. An der Ausarbeitung des Projektinitialisierungsauftrags waren Vertretungen sämtlicher Direktionen, der Staatskanzlei und die Justizverwaltungsleitung beteiligt. Für die Initialisierung des Projektes wird zusätzlich der Verband Berner Gemeinden einbezogen. Die Umsetzung erfolgt in enger Abstimmung mit dem Projekt Justitia 4.0, das den elektronischen Rechtsverkehr in der Justiz schweizweit einführt.". So wird das Projekt in der am 17. Januar 2025 publizierten Medienmitteilung des Regierungsrats umrissen (Der Regierungsrat will den Rechtsverkehr digitalisieren).
Interessierte finden die aktuellen kantonalen technischen Standards für digitale Signaturen im Dokument 1.5.002 Standards für Software, Hardware und Technologien vom 15.04.2023 (Anhang zur Weisung kantonale ICT-Standards), unter der ID: APP-019 Digitale Signatur.
E-Voting
In einer im Frühling 2025 publizierten Studie zeigt der Regierungsrat auf, dass sowohl für die Einführung von E-Voting als auch von E-Collecting ein zentrales elektronisches Stimmregister benötigt wird.
Der Regierungsrat hat daher entschieden, in einem ersten Schritt ein kantonalen Stimmregisters einzuführen. Ob der Regierungsrat im Anschluss dem Grossen Rat die prioritäre Einführung von E-Voting oder von E-Collecting beantragen will, soll zu einem späteren Zeitpunkt und unter Berücksichtigung der Entwicklungen auf nationaler Ebene entschieden werden.
Digitaler Verkehr
Mit «digitalem Verkehr» ist gemeint, dass die Geschäftsprozesse der Behörden, in die Private miteinbezogen werden, digital abgewickelt werden. Für einige Geschäftsprozesse mag ein Kontaktformular auf der Website der Behörde genügen. Wenn es zum Beispiel um das Ausstellen von einer Bewilligung geht, wo ein höheres Mass an Interaktion erfordert ist, genügt das möglicherweise nicht.
Zur Feststellung des Reifegrades kann das Maturitätsmodells E-Government genutzt werden, das vier Entwicklungsphasen und Interaktionsformen durchläuft.
- Information
Diese Phase steht für die erste Generation des Internets und damit für die einseitige Bereitstellung von Informationen. Die direkte Interaktion zwischen der Verwaltung und ihren Anspruchsgruppen ist noch nicht möglich. - Interaktion (Kommunikation)
Diese Phase steht für die gegenseitige elektronische Kommunikation. Schnittstellen von der einen Applikation in eine andere sind hier noch nicht eingerichtet. Die elektronischen Daten werden manuell bearbeitet.
Beispiel: Die Verwaltung bietet Online-Bestellungen über Formulare an (z.B. PDF) - Transaktion
Diese Phase steht für Behördendienstleistungen, die elektronisch und idealerweise vollständig medienbruchfrei abgewickelt werden können. Die medienbruchfreien Geschäftsprozesse werden durch Portale, Webformulare und Schnittstellen, die Daten automatisch von der einen in die andere Applikation transferieren unterstützt.
Beispiel: Die Einreichung einer Steuererklärung mit elektronischem Identitätsnachweis. - Integration (Vernetzung)
Diese Phase verfolgt das Ziel Vorgänge idealerweise ohne Medienbrüche oder automatisiert abzuwickeln. Weil die Geschäftsprozesse über die eigene Organisation hinaus vernetzt werden, weist diese Phase eine hohe Komplexität (organisatorisch und technisch) aus. Gleichzeitig bietet sie aus der Sicht der Nutzenden den höchsten Mehrwert.
Beispiel: Das elektronische Baubewilligungsverfahren eBau.
Die verschiedenen Phasen stellen unterschiedlich hohe Anforderungen an die organisatorische und technische Integration elektronischer Dienstleistungen.
Weitere Informationen Strategie Digitale Verwaltung (be.ch)
Rechnungsstellung
Grundsätzlich ja. Sowohl die Behörde wie auch die Adressatin bzw. der Adressat der Rechnung müssen aber über die dafür nötigen technischen und organisatorischen Voraussetzungen verfügen, wie z.B. sichere Übermittlungskanäle.
Identitätsnachweis
Nur, wenn dies für den Zweck der Interaktion nötig ist.
Verordnung vom 11. Januar 2023 über die digitale Verwaltung (DVV; BSG 109.111), Artikel 9