Politischer Prozess im Berner Jura
2012
Die Kantone Bern und Jura unterzeichnen eine Absichtserklärung, um die Jurafrage zu regeln
Die Regierungen der Kantone Bern und Jura unterzeichnen am 20. Februar 2012 eine Absichtserklärung, die festlegt, in welcher Form Abstimmungen im Kanton Jura und im Berner Jura durchgeführt werden sollen, bei denen sich die Bevölkerung über die institutionelle Zukunft der interjurassischen Region äussern kann.
Die Absichtserklärung drückt den festen Willen der beiden Kantone aus, die verbleibenden Fragen zur Zukunft der interjurassischen Region politisch, partnerschaftlich und demokratisch zu lösen und dabei die rechtlichen Vorgaben zu respektieren.
2013
Der Berner Jura spricht sich für einen Verbleib im Kanton Bern aus
Die Bevölkerung des Berner Juras hat sich am 24. November 2013 in einer regionalen Abstimmung bei einer Stimmbeteiligung von 74,1 Prozent mit 18 823 Nein zu 7 377 Ja gegen die Einleitung eines Verfahrens zur Gründung eines neuen, aus dem Berner Jura und dem Kanton Jura bestehenden Kantons ausgesprochen.
Die Gemeinde Moutier spricht sich mit 55 Prozent der Stimmen als einzige Gemeinde im Berner Jura für die Einleitung eines solchen Verfahrens aus.
Am selben Tag findet auch im Kanton Jura eine Abstimmung dazu statt.
Die Bevölkerung beider Regionen hatte die Frage zu beantworten, ob sie ihren Kantonsregierungen den Auftrag erteilen wollen, ein Verfahren zur Gründung eines neuen, aus dem Berner Jura und dem Kanton Jura bestehenden Kantons einzuleiten.
2015
Ein Gesetz für bernjurassische Gemeinden, die über ihre Kantonzugehörigkeit abstimmen wollen
Der Regierungsrat verabschiedet 2015 ein neues Gesetz. Dieses legt das im Kanton Bern anzuwendende Verfahren fest, um es den Gemeinden des Berner Juras, die dies wünschen, zu ermöglichen, sich über ihre Kantonszugehörigkeit zu äussern. Dieser Beschluss entspricht dem Engagement, das der Regierungsrat im Rahmen der Absichtserklärung eingegangen ist, die er im Februar 2012 zusammen mit der Regierung des Kantons Jura unterzeichnet hat, um die Jurafrage einer demokratischen Lösung zuzuführen. Der Grosse Rat stimmt dem Gesetz betreffend die Durchführung von Abstimmungen über die Kantonszugehörigkeit bernjurassischer Gemeinden (KBJG) am 21. Januar 2016 zu. Moutier sowie Belprahon und Sorvilier ersuchen darum, über ihre Kantonszugehörigkeit abstimmen zu dürfen.
Gesetz betreffend die Durchführung von Abstimmungen über die Kantonszugehörigkeit bernjurassischer Gemeinden (KBJG)
2017
Moutier stimmt für einen Wechsel zum Kanton Jura
Am 18. Juni 2017 spricht sich die Mehrheit der Stimmberechtigten von Moutier mit 51,72 Prozent bzw. mit 2 067 Ja gegen 1 930 Nein für einen Wechsel der Gemeinde zum Kanton Jura aus. Beschwerden unterbrechen das Verfahren. Das Regierungsstatthalteramt des Verwaltungskreises Berner Jura erklärt die Abstimmung am 2. November 2018 für ungültig.
Belprahon und Sorvilier verbleiben im Kanton Bern
Die Gemeinden Belprahon und Sorvilier stimmen am 17. September 2017 über ihre Kantonszugehörigkeit ab. Die Stimmberechtigten von Sorvilier sprechen sich mit 121 gegen 62 Stimmen für einen Verbleib im Kanton Bern aus. In Belprahon entscheidet die Mehrheit mit 121 gegen 114 Stimmen ebenfalls, beim Kanton Bern zu bleiben. Beide Abstimmungen sind rechtskräftig.
2019
Definitive Annullierung der Abstimmung von Moutier
Die am 18. Juni 2017 erfolgte Abstimmung der Gemeinde Moutier über ihre Kantonszugehörigkeit wird am 23. August 2019 vom Verwaltungsgericht des Kantons Bern wegen gravierender Unregelmässigkeiten während der Abstimmung definitiv für ungültig erklärt. Das Urteil wird nicht ans Bundesgericht weitergezogen. Die Abstimmung muss somit wiederholt werden.
2020
Regeln für die Wiederholung der Abstimmung und die Kontrolle des Stimmregisters
Die Kantone Bern und Jura und die Gemeinde Moutier vereinbaren unter der Federführung der Dreiparteienkonferenz, dass die Abstimmung unter den bestmöglichen Voraussetzungen wiederholt werden kann. Der Regierungsrat des Kantons Bern legt am 22. April 2020 im Hinblick auf die Wiederholung der Abstimmung über die Kantonszugehörigkeit Moutiers in einem Beschluss die ersten organisatorischen Massnahmen in Bezug auf das Stimmregister von Moutier fest. Die Abstimmung soll am 28. März 2021 wiederholt werden. Am 4. November 2020 werden in einem zweiten Beschluss die besonderen Massnahmen für die Abstimmung präzisiert.
- Regierungsratsbeschluss vom 22. April 2020 (Kontrolle des Stimmregisters)
- Medienmitteilung vom 27. April 2020
- Medienmitteilung des EJPD vom 8. Oktober 2020
- Regierungsratsbeschluss vom 4. November 2020 (Besondere Massnahmen)
- Medienmitteilung vom 6. November 2020
2021
Moutier stimmt für einen Wechsel zum Kanton Jura
Am 28. März 2021 spricht sich die Mehrheit der Stimmberechtigten von Moutier mit 54,9 Prozent bzw. mit 2144 Ja gegen 1740 Nein für einen Wechsel der Gemeinde zum Kanton Jura aus. Gegen dieses Abstimmungsergebnis werden keine Beschwerden eingereicht.
Die Abstimmung von Moutier ist die letzte zur Frage der Kantonszugehörigkeit einer Gemeinde des Berner Juras. Mit dem Eintreten der Rechtskraft des Abstimmungsergebnisses wird ein Schlussstrich unter die sogenannte Jurafrage gezogen.
«Avenir Berne romande» – eine neue Dynamik für den Berner Jura und die französischsprachige Bevölkerung
Am 27. Mai lanciert der Regierungsrat das Projekt «Avenir Berne romande», das unter der Leitung von alt Regierungsrat Mario Annoni steht. Parallel zum Wechsel der Gemeinde Moutier zum Kanton Jura geht es darum, der Entwicklung des Berner Juras, der französischsprachigen Bevölkerung und der Zweisprachigkeit im Kanton neue Impulse zu geben. Die Berner Kantonsregierung hat dafür die Projektorganisation «Avenir Berne romande» mit drei Teilprojekten ins Leben gerufen. Unter diesem Titel beabsichtigt der Regierungsrat, die Bedeutung der französischen Kultur und Sprache im Kanton Bern sowie die Rolle des Kantons als Brücke zur Romandie zu stärken:
- Das erste Teilprojekt legt im Hinblick auf den Kantonswechsel von Moutier den Rahmen für die Konkordatsverhandlungen mit dem Kanton Jura fest.
- Im zweiten Teilprojekt wird der Rahmen für die Verlegung der bisher in Moutier ansässigen kantonalen Verwaltungseinheiten und Schulen festgelegt, um der Bevölkerung im Sinne einer Konzentration nach Regionen einen bürgernahen, modernen und effizienten Service public zu gewährleisten.
- Das dritte Teilprojekt befasst sich mit der Anpassung des kantonalen Rechts und der Zukunft der interkommunalen Zusammenarbeit im Berner Jura.
Regierungsratsbeschluss vom 26. Mai 2021 (Projektorganisation für den Kantonswechsel von Moutier sowie die Reorganisation der Verwaltung und der französischsprachigen Schulen)
2023
Unterzeichnung des Moutier-Konkordats
Nach der Abstimmung in Moutier am 28. März 2021 nehmen die Regierungen der Kantone Bern und Jura die Arbeiten auf, um mit einem Konkordat die Modalitäten des Kantonswechsels zu regeln. Die Verhandlungen beginnen im November 2021. Sie finden in einer konstruktiven und respektvollen Atmosphäre statt und führen zu positiven und ausgewogenen Lösungen im Interesse der Bevölkerung von Moutier und der Bevölkerung beider Kantone.
Am 24. November 2023 unterzeichnen die Parteien in Moutier das Konkordat vor den Medien und den städtischen Behörden und machen damit den Weg frei für die Ratifizierung durch die beiden Kantonsparlamente.
Das Konkordat regelt die wichtigsten Punkte des Wechsels der Kantonszugehörigkeit von Moutier, u. a:
- die Kontinuität von Verwaltung, Steuern, Schulen, Gerichten und Spital
- die Vermögensausscheidung
- die Ausgleichsregeln für die Finanzströme
- die Sanierung bestimmter belasteter Standorte
- die Anpassung des Gemeinderechts von Moutier
- die Beteiligung der Bevölkerung von Moutier am politischen Leben im Kanton Jura bereits vor dem Kantonswechsel
Die Auswirkungen des Konkordats führen zur Abschaffung bzw. Aufhebung von Artikel 138 und 139 der jurassischen Verfassung.
- Konkordat über den Kantonswechsel von Moutier (16. Mai 2023)
- Unterzeichnung des Moutier-Konkordats (24. November 2023)
2024
Ratifizierung des Konkordats durch die kantonalen Parlamente und Annahme in der Volksabstimmung
Am 6. März 2024, während der Frühlingssession, ratifiziert der Grosse Rat des Kantons Bern das Konkordat mit 112 zu 19 Stimmen bei 26 Enthaltungen. Am selben Tag folgt das jurassische Kantonsparlament mit 57 Stimmen gegen 1 Stimme bei 2 Enthaltungen.
Die Stimmberechtigten des Kantons Bern nehmen das Moutier-Konkordat in der Volksabstimmung vom 22. September 2024 mit 83,2 % der Stimmen an, dies bei einer Stimmbeteiligung von 42,6 %. Im Kanton Jura wird das Konkordat am selben Tag mit 72,9 % der Stimmen angenommen, dies bei einer Stimmbeteiligung von 50,3 %.
Kantonale Unterstützung für die Grand-Chasseral-Dynamik
Der Regierungsrat hat sich im Zusammenhang mit dem Kantonswechsel von Moutier unter anderem zum Ziel gesetzt, die Ausstrahlung des französischsprachigen Kantonsteils zu fördern und die Position des Berner Juras zu stärken. Zu diesem Zweck unterstützt er die Stiftung Grand Chasseral (ehemals Stiftung für die Ausstrahlung des Berner Juras), die Wirtschaft, Landwirtschaft, Tourismus, Sport, Kultur, den regionalen Naturpark Chasseral und die Vereinigung der Gemeinden des Berner Juras, Biel und Leubringen (Jb.B) vereint. Der Grosse Rat stimmte dieser Unterstützung in der Frühlingssession 2025 einstimmig zu.
- Gesetz über die Organisation des Regierungsrates und der Verwaltung (Organisationsgesetz, OrG) (Änderung)
- Kurzmitteilungen des Regierungsrates: Unterstützung für die Stiftung Grand Chasseral (12.12.2024)
- Beschlussdokument des Grossen Rates (03.03.2025)
2025
Inkrafttreten der ersten Vollzugsvereinbarungen
Mehrere Bestimmungen des Konkordats treten am 1. Januar 2025 in Kraft. Dies ermöglicht es den Kantonen Bern und Jura, eine Übergangsregelung bis zum Kantonswechsel von Moutier einzuführen, um den Wechsel in bestimmten Bereichen gut vorbereiten zu können. Die ersten drei Vollzugsvereinbarungen betreffen die Reorganisation der Kirchengemeinden und das Steuerwesen.
Bundesversammlung stimmt neuer Kantonsgrenze zu
Im Hinblick auf den Kantonswechsel von Moutier per 1. Januar 2026 haben National- und Ständerat in der Frühlingssession 2025 dem neuen Verlauf der Kantonsgrenze zwischen den Kantonen Bern und Jura zugestimmt.
- Bernjurassischer Rat (BJR) (nur auf Französisch)
- Rat für französischsprachige Angelegenheiten des Verwaltungskreises Biel/Bienne (RFB) (nur auf Französisch)
- Tripartite-Konferenz (EJPD)