Der Kanton Bern und die Berner Gemeinden realisierten seit der Lancierung der Strategie Digitale Verwaltung und im Rahmen der Schwerpunktplanung mehrere Digitalisierungsvorhaben.
Regionalorganisation seeland.biel/bienne
Situation
Die Regionalorganisation seeland.biel/bienne vernetzt 61 Gemeinden aus dem Berner Seeland und fördert die Zusammenarbeit in der Region. Seit 2024 ist sie Teil der Energie-Region und nimmt am entsprechenden Förderprogramm des Bundes (Bundesamt für Energie) teil. Für die Aktivitäten als Energie-Region Biel-Seeland ist die Energie- und Klimadatenplattform (EKDP) des Kantons eine wichtige Grundlage.
Herausforderungen
Um als Gemeinde oder Regionalorganisation im Energie- und Klimabereich zielführend arbeiten zu können, sind verlässliche, visualisierbare Daten und geeignete Indikatoren eine wichtige Grundlage. Müssen solche Daten selbst erhoben oder aus verschiedenen Datenquellen zusammengezogen werden, entsteht ein grosser zeitlicher Aufwand für die Datenerhebung und die regelmässige Aktualisierung. Dank der EKDP wird dieser Aufwand stark reduziert. Jede Gemeinde im Kanton Bern kann sich einen Überblick verschaffen, wie die Gemeinde in Bezug zu wichtigen Energie- und Klimaindikatoren abschneidet. Der Weg zur Klimaneutralität (Netto-Null-Ziel 2050) wird dadurch sichtbarer. Die regelmässige Aktualisierung und die Visualisierung der Daten ist durch die EKDP sichergestellt.
Vorteile und Nutzen im Alltag
Das EKDP wird von seeland.biel/bienne als Datengrundlage zur Erarbeitung der regionalen Energie- und Klimastrategie Biel-Seeland genutzt. Zudem dient sie der Regionalorganisation für das Gemeinde-Cockpit, welches die öffentliche Energieberatung Seeland aktuell für die Energie-Region Biel-Seeland aufbaut. Dank der EKDP müssen keine eigenen Daten erhoben werden, sondern die vom Kanton erhobenen Daten werden regionalisiert und für die eigenen Bedürfnisse genutzt. Die EKDP ist ein hilfreiches Instrument, da sie für den gesamten Kanton die Energie- und Klimadaten auf Gemeindeebene darstellt und diese regelmässig aktualisiert. Damit kann die Region den Weg zur Klimaneutralität sichtbarer machen. Beispielsweise gibt sie Auskunft darüber, wie hoch die Treibhausgasemissionen der Region (Scope 1) im Jahr 2022 waren, wie sich diese Werte entwickeln und wie sich die Region mit dem gesamtkantonalen Durchschnitt vergleichen lässt. Besonders hilfreich ist ausserdem das Klimadashboard, das für jede einzelne Gemeinde die Treibhausgasbilanz anzeigt und den Verlauf der Gesamtemissionen über die Zeit sowie Diagramme für die Wärme-, Verkehrs- und Landwirtschaftsemissionen darstellt.
Schlussfolgerung
Dank der EKDP kann sich seeland.biel/bienne auf eine verlässliche Datengrundlage abstützen und Ressourcen in die Erarbeitung von strategischen Zielen und Massnahmen für die Region und die Gemeinden stecken. Der Kanton Bern, die Gemeinden und die Regionalorganisationen können sich damit auf eine einheitliche statistische Grundlage abstützen, wenn sie ihre Ziele und Massnahmen im Energie- und Klimabereich formulieren. Aus der Vergleichbarkeit und der attraktiven Aufbereitung der Daten entsteht ein Anreiz, aktiv zu werden.
Bericht von Florian Schuppli, stv. Geschäftsleiter von seeland.biel/bienne (Mai 2025)
Gemeinde Bolligen
Situation
Die Energie- und Klimadatenplattform des Kantons Bern visualisiert Energie- und Klimadaten auf Gemeindeebene und dient somit Bolligen als Monitoring-Instrument, um die Fortschritte auf dem Weg zur Klimaneutralität sichtbar zu machen.
Herausforderungen
Die Datenerfassung ist ein sehr komplexes Thema. Für die Anwendung der Klimametrik in Bezug auf eine kommunale Klimastrategie ist es zurzeit noch nicht primär das Ziel, exakte Angaben zu erhalten, sondern die Fortschritte im Laufe der Jahre sichtbar zu machen. Hingegen ist für das Jahr 2050, in dem Nettonull-Emissionen erreicht werden müssen, höchste Datengenauigkeit unabdingbar.
In Bezug auf die GWR-Daten sind die Datenabweichungen grösser als sie sein müssten. Dies ist jedoch ein erkanntes Problem und kommt daher, dass etliche dieser Daten noch auf der Volkszählung von 2000 basieren.
Vorteile und Nutzen im Alltag
Das Monitoring der Klimastrategie des Kantons verhilft zu einer übersichtlichen und schnell anwendbaren Zusammenfassung der gemeindespezifischen Energie- und Klimadaten.
Schlussfolgerung
Für dieses Angebot des Kantons müssen keine zusätzlichen finanziellen Ressourcen für Berechnungen und Erstellung bereitgestellt werden. Es ist günstig, übersichtlich und unkompliziert. Es wäre wünschenswert, eine Überarbeitung der GWR-Daten (siehe oben) auf nationaler oder kantonaler Ebene anzustossen.
Bericht von Esther Siegenthaler, Fachspezialistin Umwelt & Nachhaltigkeit der Gemeinde Bolligen (Juni 2025)
Weitere Informationen
- Klimadashboard, Energie- und Klimadatenplattform
- Regionalkonferenzen Kanton Bern
- Amt für Umwelt und Energie, Nicolas Lanz (nicolas.lanz@be.ch)
Digitales Siegelungsprotokoll bei Todesfällen
Situation
Das digitale Siegelungsprotokoll ist die elektronische Erfassung sämtlicher relevanter Daten im Todesfall. In erster Linie dient es der Sicherung der Erbmasse und Erleichterung der Inventaraufnahme. Die Stadt Langenthal benützt dieses digitale Protokoll offiziell seit Februar 2024.
Herausforderungen
Beim Siegelungsgespräch werden die Familienverhältnisse, die Erben sowie sämtliche Vermögenswerte erfasst. Die Aufnahme der Angaben erfolgt direkt bei der Besprechung. Eine Hürde ist für Betroffene teilweise, dass der Ablauf unpersönlich scheint. Ein klärendes Gespräch zeigt jedoch, dass immer noch ein Mensch gegenübersitzt. So bleibt das Mitgefühl über den Verlust eines geliebten Menschen nach wie vor spürbar. Das ganze Siegelungswesen wurde in den letzten Jahren allgemein anspruchsvoller. Einerseits muss eine zunehmende Vereinsamung von Personen in der Bevölkerung festgestellt werden. Dadurch sind oft keine Angehörige mehr dafür zuständig Andererseits bringen mehr Patchworkfamilien Unklarheiten im Ablauf mit sich, was Siegelungsverantwortliche vor grosse Herausforderungen stellt.
Vorteile und Nutzen im Alltag
Obwohl in erster Linie das Regierungsstatthalteramt profitiert, bietet das digitale Vorgehen allen Beteiligten Vorteile. Die direkte Aufnahme der Daten minimiert die Fehlerquote beim handschriftlichen Abschreiben und gestaltet die Bearbeitung auf den Einwohnergemeinden effizienter. Weil nach der digitalen Signierung durch die anwesende Person das Protokoll als Download direkt auf dem Mobiltelefon verfügbar ist, wird die Papierflut deutlich reduziert. Zudem kann durch den Online-Zugriff problemlos eine Weiterbearbeitung durch den Stellvertreter erfolgen und die Kopien wie auch der Postversand entfällt. Praktisch ist auch, dass bis zur Übermittlung an das Regierungsstatthalteramt jederzeit Ergänzungen und/oder Korrekturen angebracht werden können, ohne dass das ganze Protokoll neu geschrieben werden muss.
Schlussfolgerung
Die Einführung verlief einfach und hat Erleichterung im Arbeitsalltag gebracht Da Langenthal mit anderen Gemeinden das digitale Siegelungsprotokoll als eine der ersten Einwohnergemeinden einführen durfte, bestand die Gelegenheit, Verbesserungen vorzuschlagen, die anschliessend in die Weiterentwicklung flossen. Allerdings kann keine grosse Zeitersparnis während der Siegelung festgestellt werden, da Belege hochgeladen werden müssen. Oftmals müssen diese zuerst kopiert (gebundene Testamente, Ehe- und Erbverträge) und dann gescannt werden. Wie bereits oben erwähnt, entfällt die tägliche Postzustellung an das Regierungsstatthalteramt und die Übermittlung der digitalen Daten an die Angehörigen erfolgt als Download direkt auf das Mobiltelefon. Somit können mit der Einführung Kosten gespart werden.
Nach einem Jahr der Anwendung im Alltag, konnten ausserdem kleine Probleme behoben oder eliminiert werden.
Bericht von Simon-Andreas Bühler, Leiter Fachbereich Steuern und Siegelungsverantwortlicher in Langenthal (Juni 2025)
Weitere Informationen
- Direktion für Inneres und Justiz des Kanton Bern, Michael Imboden, Projektleiter Digitalisierung RSTA (michael.imboden1@be.ch)
Digitale Festwirtschaftsbewilligung
Situation
Das Regierungsstatthalteramt Frutigen-Niedersimmental hatte die Digitale Verwaltung, gemeinsam mit weiteren Gemeinden, erfolgreich angefragt, ob sie Unterstützung in der Einführung der digitalen Festwirtschaftsbewilligung (Gesuch um gastgewerbliche Einzelbewilligung), als Pilot erhalten könnte. Diese Pilotphase konnte im Jahr 2023 abgeschlossen werden, was zur Folge hat, dass die Unterlagen nicht mehr auf dem Postweg eingereicht werden müssen. Seit dem Jahr 2024 steht das digitale Bewilligungsverfahren nun allen interessierten Gemeinden im Kanton Bern offen.
Herausforderungen
Die digitale Variante wird bisher nur zurückhaltend genutzt, was vermutlich auch daran liegt, dass für die Erfassung zwingend ein BE-Login erforderlich ist und die Formulare auch weiterhin in Papierform zur Verfügung stehen. Ziel bleibt es, Veranstaltende zur Nutzung des digitalen Gesuchformulars zu motivieren.
Vorteile und Nutzen im Alltag
Bei den bisherigen Gesuchen in Papierform war die Qualität der Gesuche oft mangelhaft. Nicht selten fehlten Beilagen oder zwingende Angaben. Ein grosser Vorteil des digitalen Gesuchverfahrens ist, dass die Gesuchstellenden Schritt für Schritt durch den Vorgang geleitet werden und vom System, je nach Veranstaltung, automatisch weitere Angaben und nötige Beilagen verlangt werden. Gleichzeitig finden die Personen während des Vorgangs zusätzlich nützliche Informationen. Zudem ist das System einfach und verständlich aufgebaut: Mit dem vorgegebenen Prozess können Gesuche erst bei der Standortgemeinde eingereicht werden, wenn alle erforderlichen Felder ausgefüllt und die Beilagen hinzugefügt wurden. Dies hat die Qualität der eingehenden Gesuche merklich verbessert, was die Arbeit wesentlich erleichtert. Der neue Ablauf vereinfacht auch die Zusammenarbeit zwischen den Standortgemeinden und dem zuständigen Regierungsstatthalteramt. Die Digitalisierung der Informationen wird bereits durch die Gesuchstellenden übernommen. Die Daten werden nach der Beurteilung der Standortgemeinde direkt in einer Fachapplikation der Regierungsstatthalterämter sichtbar, in der das Gesuch geprüft werden kann. Die Festwirtschaftsbewilligung wird anschliessend durch das zuständige Regierungsstatthalteramt erteilt.
Schlussfolgerung
Die Einführung des digitalen Gesuchformulars stellt einen klaren Mehrwert für Gemeinden und Regierungsstatthalterämter dar. Die Qualität der eingereichten Gesuche hat sich deutlich verbessert und der Bearbeitungsprozess wurde vereinfacht. Das digitale Bewilligungsverfahren ist ein konkreter Schritt in Richtung einer modernen und serviceorientierten Verwaltung.
Bericht von Mario Altwegg, Abteilungsleiter Stv. Sicherheit Spiez (Juli 2025)
Weitere Informationen
- Formularbasierte Digitalisierung mittels Konzernapplikation
- Direktion für Inneres und Justiz des Kanton Bern, Michael Imboden, Projektleiter Digitalisierung RSTA (michael.imboden1@be.ch)
- Bei Interesse steht Ihnen das KAIO Service Management (webformulare@be.ch) gerne zur Verfügung und informiert Sie über die gültigen Preise und Stundenansätze. Sie können einen Bedarf auch direkt beim Vertragspartner melden. Online-Formulare - Kontaktformular für Gemeinden
Einwohnergemeinde Orpund
Situation
Die Gemeindeverwaltung Orpund beabsichtigt, die digitale Verwaltung systematisch voranzutreiben. Beispielsweise sollen Zustellungen via Briefpost reduziert und durch digitale Kommunikation ersetzt werden. Deshalb rückt die eSignatur mit den damit verbundenen Arbeiten ins Zentrum. Der Austausch mit anderen Gemeinden und die damit verbundene Evaluation des Signaturdienstes bestätigte, dass diese mit den heutigen Applikationen, beispielsweise dem GEVER-System, kompatibel ist. Dies und die Tatsache, dass damit nahtlose Prozesse möglich werden, vereinfachte Orpund den Entscheid für die Beschaffung der eSignatur.
Herausforderungen
Wichtig bei der Digitalisierung der Kommunikation ist, dass klar ist, welcher Geschäftsfall welche Signatur erfordert. Eine besondere Herausforderung war es deshalb für die direkt Involvierten, sich über den Prozess einig zu werden, welchen Standard für die digitale Signatur oder das Siegel zu bestimmen sind. Einen zusätzlichen Effort verlangte die Tatsache, dass das elektronische Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege (eVRPG) derzeit in Revision ist und dadurch teilweise die rechtliche Grundlage für digitale Prozesse fehlt.
Vorteile und Nutzen im Alltag
Im Alltag profitiert die Gemeinde von deutlich weniger Briefpost und kürzeren Wegen, wodurch Zeit eingespart werden kann. Verändert hat sich auch, dass nach der Überprüfung der Prozesse, einige Dokumente nicht mehr unterzeichnet werden müssen. Beispielsweise können Wohnsitzbestätigungen mit einem digitalen Siegel ausgestellt und Gemeinderatsbeschlüsse digital signiert werden. Bei der eSignatur setzt die Gemeindeverwaltung auf das Modell, bei dem zwei Personen über eine einfache Signatur im Abo-Modell verfügen und alle weiteren zur Unterschrift eingeladen werden. Diese Signaturen werden einzeln in Rechnung gestellt. Allerdings wird damit die eSignatur nicht günstiger. Die Kosten, die für Couvert, Papier und Porto eingespart werden, fallen nun für die elektronische Signatur an.
Schlussfolgerung
Die Beschaffung der Software ist deutlich einfacher als die organisatorische Umsetzung der eSignatur. Es ist wichtig, kritisch auf die eingespielten Arbeitsabläufe zu blicken, diese mit den verantwortlichen und betroffenen Personen zu hinterfragen und bei Bedarf Veränderungen vorzunehmen. Sehr wertvoll ist es, weiter den Austausch mit Gemeinden zu pflegen, die bereits ähnliche Vorhaben umgesetzt haben.
Bericht von Stefan Ackermann, Gemeindeschreiber, Gemeindeverwaltung Orpund (Juli 2025)
Weitere Informationen
- Fragen zur Digitalisierung in den Gemeinden (FAQ) / Digitale Signatur